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Mitten im Drogenkrieg

Blogger David mit einem Pappschild, auf dem MADRID steht.

Autor:
David

Rubrik:
studium

18.06.2024

Als im Januar die neusten Entwicklungen aus Ecuador sogar in der deutschen Presse ankamen, war ich etwas angespannt. Immerhin wurde der bekannteste Drogenboss aus dem Gefängnis befreit, ein Fernsehsender in Guayaquil gestürmt, der nationale Kriegszustand ausgerufen und der leitende Staatsanwalt in einem wichtigen Verfahren per Autobombe ermordet. Soweit die Ausgangslage. Natürlich ist dieser Eskalationsstufe eine jahrelange Vorgeschichte vorausgegangen und ich war mir schon bei meiner Bewerbung bewusst, dass Ecuador in den letzten Jahren sich immer mehr zu einem heißen Pflaster entwickelt hat. Die Gründe dafür füllen bereits Bücher und zumindest in Ecuador scheint die Schuld (vor allem politisch) fleißig gegenseitig herumgereicht zu werden.

Trotz des ganzen Chaos liegt das Zentrum des Drogenkriegs vor allem an der ecuadorianischen Küste. Das Hochland und das Amazonasgebiet sind weitaus weniger interessant für die Banden, die vor allem am internationalen Kokaintransport verdienen wollen. Vor allem kämpfen die 22 Banden gegen sich selbst, aber seit Januar ist der Staat ebenfalls beteiligt. Und angesichts der steigenden Gewalt werden die Opferzahlen der Zivilgesellschaft zunehmend höher. Mittlerweile hat Ecuador die mit Abstand höchste Mordrate auf der ganzen Welt.

Von Ecuador aus werden die Kokainproduktionen aus Kolumbien und Peru in die USA oder nach Europa verschifft. In diesem Schritt winken die lukrativsten Geschäfte, da sich der Kokainpreis teilweise von 5.000 Dollar das Kilo bis 40.000 Dollar pro Kilo potenzieren lässt. Je höher der Gewinn, desto skrupelloser das Geschäft. In diesem Kontext absolviere ich nun mein Praktikum, zwar ist es im Hochland deutlich sicherer, aber die nationale Bedrohungslage ist omnipräsent. Nicht zuletzt, weil der Präsident (der selbstverständlich der Sohn der reichsten Familie des Landes ist) die zunehmend autoritäre Führung des Landes zu genießen scheint. Mit den ausgesetzten Grundrechten reduziert sich natürlich auch der öffentliche Protest gegen das Regierungshandeln. So langsam wird es normal, dass wöchentlich Bürgermeister*innen ermordet, Waffenverstecke in Gefängnissen aufgedeckt und auf offener Straße Menschen erschossen werden.

Es scheint hier fast schon keine Neuigkeit mehr zu sein und zumindest in der Hauptstadt Quito ist das Leben halbwegs normal. Wenn man nicht politisch eingebunden oder mit den Drogenbanden verbandelt ist, kann man meist sicher leben. An der Küste wurde letztens ein amerikanischer Tourist ermordet und Überlandbusse werden regelmäßig ausgeraubt. Aber mit ein paar Verhaltensregeln schleicht sich bei mir so langsam so etwas wie „Alltag“ ein.