zum Inhalt

Schülerleben live: Ich hasse Smalltalk

Foto von Bloggerin Thea

Autor:
Thea

Rubrik:
orientieren

30.08.2021

Egal ob auf einer Feier, beim Friseur oder in der Schule… Ich hasse Smalltalk. Ich sehe einfach keinen Sinn darin, mich mit meist fremden Leuten über total nebensächliche und bedeutungslose Dinge zu unterhalten. Wie das Wetter ist, braucht man nicht zu fragen, das sieht schließlich jeder selbst. Wie ich geschlafen habe oder wie es mir geht, interessiert mein Gegenüber wahrscheinlich eh nicht wirklich und erwartet vielmehr ein einfaches „gut.“ als sich detailliert anzuhören, wie oft man nachts wach geworden ist oder was einen im Moment belastet. Wie schon gesagt, mit oberflächlichen, unpersönlichen und meist auch eben unwahren Antworten kann ich einfach nichts anfangen.

Natürlich ist Smalltalk eine gute Alternative zur peinlichen Stille und mir ist auch bewusst, dass während einer Taxifahrt der falsche Zeitpunkt ist, um sich über persönliche Probleme oder tiefgründige Fragen zu unterhalten. Allerdings ist mir letztens aufgefallen, dass mir der Philosophie-Unterricht in der Schule nicht mehr reicht, um sich über Fragen der letzten Kategorie auszutauschen. Und auf einmal kam mir der Lockdown gerade so gelegen. Denn ich telefonierte, genau wie viele andere, wahrscheinlich mehr, als in meinem gesamten Leben zuvor. Ich fing also an, mich mit meinen Freundinnen und Freunden über genau solche Fragen zu unterhalten. Und zwar einfach so, ganz direkt und ohne anfänglich um den heißen Brei herum zu reden.

Und neben diesem oft so oberflächlichen „Wie gehts Dir?“ stellte ich auch Fragen über die Werte oder Meinungen. Mich interessierte beispielsweise deren Definition von Glück oder was für sie persönlich eine gute Freundschaft ausmacht. Und während man so hin und her formulierte, konnte sowohl ich als auch die andere Person immer mal wieder interessante Aspekte des Gesprächs aufschnappen. Total bereichernd empfand ich diese Erkenntnisse und natürlich auch viel sinnvoller, als sich stumpf über das Wetter aufzuregen.

Eine weitere interessante Frage für solche Gespräche ist meiner Meinung nach „Wofür möchtest du bekannt sein?“ bzw. „Welche positive Eigenschaft soll dir nachgesagt werden?“. Ich finde, dass man durch solche Fragen nicht nur mehr über sein Gegenüber erfährt, sondern es auch beim Aufstellen oder Überdenken der eigenen Werte hilft. Ganz nach dem Motto „Wer bin ich und wer möchte ich sein?“. Denn dazu braucht es nicht zwingend den Philo- oder Reliunterricht, Selbstfindungs-Workshops oder irgendwelche Retreats. Es reicht das eigene Umfeld, um sich Gedanken über solche Themen zu machen.

Genau so spannend finde ich die Frage „Wo vor hast du Angst?“. Denn erst durch das Stellen dieser Frage bemerkte ich, dass es neben Spinnen und Höhe noch viel komplexere Antworten darauf gibt. Schon mal drüber nachgedacht, wie es Dir mit dem Gedanken geht, später vielleicht mal einsam zu sein? Oder deiner Familie im Alter zur Last zu fallen und gegen deinen Willen in ein Altenheim gesteckt zu werden? Oder bevormundet zu erfahren, wenn man Entscheidungen nicht mehr selbst treffen kann? Diese Antwort empfand ich bei weiterem Nachdenken als sehr beängstigend, da ich mir zuvor noch nie Gedanken darüber gemacht hatte.

Ich glaube, ich brauche mehr Deeptalk in meinem Leben. Ich möchte etwas über meine Mitmenschen erfahren und deren Meinungen und Einstellungen zu bestimmten Themen wissen. Denn sind wir mal ehrlich, ist es nur eine Floskel oder interessiert Dich wirklich, wie jemand anders geschlafen hat?