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Schülerleben live: Ist das Kunst oder kann das weg?

Ein Porträt-Foto von Maril

Autor:
Maril

Rubrik:
orientieren

03.12.2019

Über meine Entscheidung, am Ende der 10. Klasse Kunst abgewählt zu haben, bin ich heute noch froh. Schon seit meiner ersten Kunststunde habe ich mich in diesem Fach unwohl gefühlt. Ich wusste einfach nie, was Kunst wirklich heißt und in meinem Definitionswahn konnte ich ohne exakte Begriffserklärung nicht verstehen, was ich in diesem Unterrichtsfach sollte. Der Unterricht wirkte auf mich ziemlich unkoordiniert. Ständig wechselten wir zwischen Stilen, bestimmten Künstlern und Techniken hin und her. Heute beschäftigen wir uns mit Paul Klee, das nächste Mal mit dem Unterschied zwischen streichen, tupfen, sprühen und malen, dann geht um die Farbenlehre und am Ende des Schuljahres dürfen wir ein Mandala ausmalen.

Ich möchte gar nicht leugnen, dass ich auch viel Spaß im Kunstunterricht hatte. In der 5. Klasse haben wir zum Beispiel in kleinen Gruppen riesige Schneeskulpturen auf dem Schulhof gebaut, Schattentheater gespielt und eine Collage aus Pflanzen gemacht, die den Porträts von Giuseppe Arcimboldo nachempfunden waren. Unsere Kunstlehrer haben sich alle Mühe gegeben, uns zu begeistern – mehr oder weniger erfolgreich. Trotzdem fehlte mir der Überblick, ein roter Faden, ein wenig fundierte Kunstgeschichte.

Das Faszinierende an der Kunst ist doch nicht nur das Werk an sich, sondern auch wie und unter welchen Bedingungen es entstanden ist. Was hat sich der Künstler dabei gedacht? Was wollte er ausdrücken? Aber auch: Was vermittelt mir – ganz individuell und persönlich – dieses Gemälde, dieses Foto oder diese Skulptur? Ich dachte immer, dass es im Kunstunterricht genau darum gehen soll: ein Gefühl für Kunst zu entwickeln. Der Kunstunterricht hat das bei mir leider nicht geschafft. Ich hatte immer gute Noten in diesem Fach, aber selbst würde ich meine „Werke“ niemals als Kunst bezeichnen. Kein eigener Stil, kaum eigene Ideen, keine Kreativität, denn das alles verlangte die Aufgabenstellung und dementsprechend auch die Benotung nicht. Wie will man Kreativität auch benoten? Wer hat denn überhaupt das Recht zu sagen, was Kunst sei und was nicht? Es gibt Punkte darauf, ob der Schüler den Stil eines bestimmten Künstlers erkannt und selbst umgesetzt hat, ob sauber und ordentlich gearbeitet wurde und ob die Anforderungen der Aufgabe umgesetzt wurden. Da gibt es richtig und falsch und mehr nicht. Aber in der Kunst gibt es diese Unterscheidung eigentlich nicht. In meinem Jahrgang waren so viele kreative Köpfe, deren Talent im Kunstunterricht nicht ausreichend gewürdigt wurde.

Ich finde den Kunstunterricht äußerst wichtig und bis zur 10. Klasse als Pflichtfach mehr als angemessen. Der Umgang mit Kunst gehört zu einer fundierten Schulausbildung nun einmal dazu. Doch wie soll Kunst, ein Gebiet ohne Grenzen, der freien Entfaltung und des freien Ausdrucks, in eine starre Bewertungsmatrix und eine strikte Zeitbegrenzung gepresst werden, ohne dabei ihren eigentlichen Wert und ihre eigentliche Bedeutung zu verlieren?