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Schülerleben live: Misophonie

Ein Porträt-Foto von Lina

Autor:
Lina

Rubrik:
orientieren

02.03.2021

Stell dir das Gefühl vor, das du hast, wenn du hörst, wie eine Kreide an der Tafel quietscht oder wie eine Gabel über den Teller schrammt. Und dann stell dir vor, du hättest dieses Geräusch bei allen möglichen Alltagsgeräuschen. Immer, wenn jemand neben dir schluckt, Kaugummi kaut oder auf eine bestimmte Weise atmet. Wenn eine Uhr auf diese eine Art tickt, eine Tür ins Schloss fällt oder ein Radio im Hintergrund rauscht.

Diese verstärkte Reaktion auf Geräusche nennt man Misophonie. Die allermeisten Menschen haben noch nie davon gehört. Ich persönlich habe auch erst vor circa einem halben Jahr davon erfahren, und ich bin mir ziemlich sicher, dass ich selbst Misophonie habe. Ich hatte schon immer dieses seltsame, unangenehme Gefühl bei Geräuschen.

Dazu muss man zuerst wissen, dass Misophonie jede Person anders betrifft und triggert. Bei mir persönlich ist es auch so, dass Geräusche teilweise an bestimmte Personen gekoppelt sind – das Räuspern meines Bruders beispielsweise ist für mich eine Qual, das meiner Englischlehrerin macht mir aber überhaupt nichts aus.

Dass nahestehende Menschen größere Trigger darstellen, ist selbstverständlich kompliziert: zum einen verbringt man mit ihnen mehr Zeit, zum anderen möchte man natürlich auch niemanden durch die eigene Reaktion auf ihre Geräusche verletzen.

Meine persönliche Misophonie bezieht sich hauptsächlich auf menschliche Geräusche, was ein häufiges Phänomen ist. Mich triggern zwar auch andere Geräusche, meist allerdings erst nachdem ich bereits durch etwas anderes gereizt wurde oder ich mich in einem gestressten Zustand befinde. Nicht jedes Geräusch reizt mich auf dieselbe Weise, und meine Reaktion verändert sich auch von Tag zu Tag.

Höre ich also wie jemand schmatzt, mit den Fingern auf den Tisch trommelt oder sich räuspert, reagiere ich sozusagen „allergisch“ auf dieses Geräusch. Wenn ich ein triggerndes Geräusch höre, fühlt es sich so an, als würde mein Gehirn in sich zusammenschrumpfen, meine Fingernägel sich in meine Haut krallen, als würde jemand meinen Magen umdrehen und als pikse mir jemand mit einem Schachlickspieß ins Ohr – kurz gesagt, es ist sehr, sehr unangenehm.

Mit hilft es, meinen engen Freundinnen tatsächlich davon zu erzählen, dass bestimmte Verhaltensweisen, die für mich unangenehme Geräusche erzeugen, auf mich triggernd wirken. Selbstverständlich ist es immer wichtig, sowas respektvoll zu kommunizieren – vielleicht hast du ja jetzt ein wenig mehr Wissen darüber. Falls du dich noch ein wenig mehr über Misophonie informieren willst, kann ich dir die Podcastfolge „Ich hasse dieses Geräusch!“ oder die Dokumentation „Ich habe mir gewünscht, ich wäre taub“ empfehlen; beide klären sehr gut auf.