Rubrik:
orientieren
20.04.2021
Autor:
Lina
Rubrik:
orientieren
20.04.2021
Kennst du das Sorgenkarussell? Nein? Dann stelle ich dir meines vor: In meinem Sorgenkarussell sitzen die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.
Das Vergangenheitsabteil hört sich in etwa so an: „Warum habe ich das gesagt?“, „Hätte ich doch das gemacht“, „Was wäre passiert wenn…?“, „Das war dumm“ „Warum ist mir das nicht eingefallen?“.
Betreten wir das Gegenwartsabteil, fliegen einem dort Anschuldigungen ins Gesicht: „Warum hast du die Bio-Hausaufgaben noch nicht gemacht?“ „Das Projekt war schon vor einer Woche fällig!“ und ein Schwall von „Du musst jetzt Englisch üben, Bio lernen, und einen Reli-Lernzettel schreiben – und vergiss deine Fahrstunden nicht! Außerdem sollst du heute noch das Bad putzen und deine Haare waschen und einen Kuchen für eine Freundin backen und wann warst du eigentlich das letzte Mal spazieren?“ Der Boden dieses Abteils ist bedeckt von nicht aufgeräumten Klamotten und noch zu erledigenden Hausaufgaben, alles ist mehr oder weniger durcheinander und ein einziges Chaos.
Widmen wir uns dem letzten Abteil, so scheint es zuerst gespenstisch ruhig – durch den Nebel ist nicht viel zu erkennen, aber man hört ein Flüstern: „Abitur... Fahrprüfung.. Bewerbungsgespräch...“. Es ist das größte Abteil, und gleichzeitig das, das am dichtesten belegt ist. Das Flüstern wird immer lauter, es rückt näher und hin und wieder schleichen sich ein paar der Sorgen in das Gegenwartsabteil.
Ab und zu fühle ich mich so, als wäre mein Gehirn ein solches Sorgenkarussell – in meinem Leben passiert gerade so viel und manchmal fühle ich mich so, als würde ich die Kontrolle über meine Gedanken verlieren; dann dreht sich das Sorgenkarussell immer schneller und schneller, bis ich komplett den Durchblick verliere und vergesse, dass ich diejenige bin, die das Karussell anhalten kann, diejenige, die durch die Sorgen gehen und sie sortieren kann, die sie einordnen kann in „irrelevant“ oder „berechtigt“.
Ich glaube, es ist ganz normal, sich so zu fühlen, als würden einen die ganzen Sorgen irgendwann einmal überwältigen – mir hilft es, mit anderen Leuten darüber zu sprechen, denn die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich auch so fühlen, ist meiner Erfahrung nach ziemlich hoch! Ganz oft kann es helfen, Probleme aus einer anderen Perspektive zu betrachten – so bemerkt man, dass das Sorgenkarussell doch gar nicht so dicht belegt ist, wie man dachte; und mit etwas Glück und vielleicht auch ein klein wenig Hilfe hört sich das Sorgenkarussell eventuell sogar ganz auf zu drehen.
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