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Schülerleben live: Was nicht passt, wird passend gemacht

Ein Porträt-Foto von Maril

Autor:
Maril

Rubrik:
orientieren

17.12.2019

Erst vor Kurzem begleitete ich eine Freundin zu einem Poetry-Slam-Wettbewerb. Wild entschlossen habe ich sie angefeuert und bejubelt und wieder einmal hat sie mich und auch den Rest des Publikums mit ihren Texten zum Nachdenken angeregt.
Ihre Poetry Slams begeistern mich jedes Mal aufs Neue, da sie auch immer wichtige Botschaften oder Gedanken beinhalten und nicht nur witzig, ausdrucksstark, kreativ und voller Leidenschaft und Überzeugung vorgetragen sind.
In ihrem Poetry Slam, den sie bei besagtem Wettbewerb vortrug, ging es um Vorurteile. Eigentlich ist es ein Thema, das allgemein bekannt ist und auch immer wieder angesprochen wird. Wenn man die Leute fragt, ob sie denn Vorurteile hätten, würden die meisten wohl sagen: „Nein, eigentlich nicht“. Uns werden von klein auf Werte wie Toleranz und Gleichberechtigung vermittelt. Wir lernen, dass jeder Mensch ein Individuum ist und sich dementsprechend auch frei entfalten sollte. Das steht ja auch in den Menschenrechten. Doch wir haben alle Vorurteile. Keiner will sie haben, aber jeder hat sie. Wir Menschen stecken uns zu gern in Schubladen und sind meist auch nicht gewillt, diese wieder zu öffnen. Kinder sind dabei manchmal die tolerantesten, aber manchmal auch die grausamsten Zeitgenossen. „Der sieht komisch aus, den mögen wir nicht“ oder „Der hat ein Handy, der ist cool“. Diese Kategorien verschwinden nicht mit der Zeit, sondern werden komplexer – die Merkmale differenzierter. Das Schubladendenken bleibt.
Ich dachte immer, es wäre nur an amerikanischen High Schools so, dass die Schüler streng in Kategorien eingeteilt werden, die ihren Status in der Schülerschaft bestimmen. So kennt man es zumindest aus Filmen und Büchern, was, wie ich leider zugeben muss, natürlich keine vertrauenswürdigen Quellen sind. Trotzdem habe ich bemerkt, dass auch an meiner Schule eingeteilt wird – und zwar gnadenlos, von Lehrern wie Schülern. Da gibt es die Sportler, die schief angesehen werden, wenn mal jemand schneller ist als sie. Die Genies, die immer als sonderbar abgestempelt werden. Die Einserschüler, die gleichzeitig auch Streber und Schleimer sein müssen und bei denen jeder Zweite einen gehässigen Spruch der Klassenkameraden nach sich zieht. Es gibt die Alternativlinge, die als kompromisslos in ihren Ansichten gelten. Die Dummschwätzer, denen irgendwann niemand mehr zuhört und die Durchschnittsschüler, bei denen jede gute Note als Zufall abgestempelt wird. Es gibt unzählige Kategorien, die sich manchmal auch überschneiden. Am Ende hat irgendwie fast jeder eine eigene Schublade. Ich habe es jedenfalls satt, dass die Leute mich zu kennen glauben, nachdem sie mich und meine Noten nur kurz angeschaut haben. Ich hoffe so sehr, dass wir dieses Schema – Schublade auf, Meinung rein, Schublade wieder zu – irgendwann durchbrechen können.