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Zum ersten Mal bei Gericht

Autor:
Emily

Rubrik:
orientieren

03.08.2024

In der Woche nach meinem Austausch stand für meine Klasse und mich ein Besuch im örtlichen Amtsgericht an. Und weil viele von euch vielleicht noch nie in einem Gericht waren, möchte ich euch mal ein bisschen berichten, wie es dort so war.

Wir haben uns mit unserem Lehrer vormittags direkt vor dem Gericht getroffen und wurden dann erst mal am Sicherheitscheck vorbei direkt in einen langen Gang geführt. Dort standen vor jeder Tür Schilder, auf denen man sehen konnte, ob die Verhandlung öffentlich ist – das heißt, dass eben auch für den Prozess nicht relevante Personen zusehen dürfen – oder ob er eben nicht öffentlich ist. Das kann verschiedene Ursachen haben. Beispielsweise, wie uns der Richter nach der Verhandlung erklärt hat, dass die Zeugen geschützt werden sollen, vor allem dann, wenn es sich um Minderjährige handelt.

Im Verhandlungssaal befanden sich der Angeklagte und seine Verteidigerin, eine Staatsanwältin, der Richter, eine Protokollantin und zwei Geschworene. Die Verhandlung begann mit der Verlesung der Anklage durch die Staatsanwältin, dann sollte sich der Angeklagte für schuldig oder unschuldig bekennen. Anschließend wurde nach und nach der Fall geklärt. Das heißt, es wurden alle Einzelheiten genau geklärt und es gab viele Rückfragen vom Richter an die Staatsanwältin und den Angeklagten und dessen Anwalt. Anschließend sollte der Angeklagte noch mal selbst Stellung beziehen. Es wurde über alle sichergestellten Beweise gesprochen und dann wurden auch schon die Zeugen aufgerufen. Jeder kam einzeln in den Gerichtssaal, musste kurz relevante Daten nennen (zum Beispiel, in welchem Beruf er tätig ist –in unserem Fall waren nur Beamte anwesend).

Danach wurde der Lebenslauf des Angeklagten verlesen, und so wurden nach und nach auch alle persönlichen Umstände geklärt. Dabei wurde in unserem Fall vor allem auch auf ein Krankheitsbild des Täters aufmerksam gemacht.

Sowohl die Staatsanwältin als auch der verteidigende Anwalt machten einen Vorschlag für das weitere Verbleiben beziehungsweise die Strafe des Angeklagten. Zuletzt durfte der Angeklagte noch einmal das Wort ergreifen, um beispielsweise seine Reue auszusprechen.

Es folgte eine Pause, in der sich der Richter und die beiden Geschworenen zurückgezogen haben und gemeinsam ein Urteil gefällt haben. Schließlich wurde das Urteil verkündet und die Maßnahmen genau geschildert.

Für mich war es eine sehr interessante Erfahrung, so einer Verhandlung beizuwohnen. Gerade weil ich mir anfangs nicht so wirklich etwas darunter vorstellen konnte, abseits von dem, was man eben so aus Filmen und Serien kennt. Dass diese Verhandlungen aber deutlich zeitintensiver sind, als dort oft dargestellt wird, war mir eigentlich klar, aber was man da eigentlich macht, wusste ich nicht. Unser Lehrer hat erzählt, dass er seit 15 Jahren jedes Jahr mit einer zehnten Klasse das Gericht besucht, es aber trotzdem jedes Mal wieder interessant ist, gerade weil jeder Fall so unterschiedlich ist.

Ich hoffe, dass ich allen, die noch nie in einem Gericht waren, vielleicht einen kleinen Einblick verschaffen konnte, was dort so passiert.

Eure Emily