zum Inhalt

I can do hard things

Ein Porträt-Foto von Rosie

Autor:
Rosie

Rubrik:
studium

20.02.2023

Ich habe schon lange nicht mehr die Zeit dazu gehabt, mich hinzusetzen und zu schreiben. Einen Moment still zu halten und zu reflektieren. Setzen lassen, was passiert ist und überlegen, was ich daraus gelernt habe. Ich habe nun meine dritte Uni-Prüfungsphase in der Schweiz hinter mir – schon wieder ein Monat voller Selbstzweifel, Angst, mich selbst zu enttäuschen und unglaublichem Stress. Ich bin enttäuscht, dass ich mir und meinen Fähigkeiten immer noch so wenig vertraue. Ich habe alle meine Prüfungen bestanden, habe sogar meine besten Noten bis jetzt gehabt. Trotzdem war ich mir so sicher, durchgefallen zu sein. I can do hard things. Ich habe mir das schon so oft bewiesen. Wie oft muss ich mir etwas beweisen, bis ich endlich daran glaube? Dieses Mal ist es sogar dazu gekommen, dass ich in der ersten Lernwoche schon wegen einer Stresskrankheit zum Arzt musste. So weit sollte man es nun wirklich nicht treiben. Im Rückblick verstehe ich einfach nicht, warum ich mir Dinge so schwer mache. Ich glaube fest daran, dass Dinge nur so schwer sind, wie wir sie uns machen. Ich weiß, dass es bei mir an fehlendem Vertrauen in mich selbst liegt. Aus irgendeinem Grund bin ich davon überzeugt, dass ich schwierige Dinge nicht schaffen kann, außer ich verausgabe mich vollkommen.

Ich bin stolz auf mich, diese Examensphase mit guten Noten bestanden zu haben. Aber ich bin auch enttäuscht, dass ich mich dafür so gepusht habe. Dieses Semester war nicht leicht für mich. Jeden Tag hatte ich von 8 bis 18 Uhr Kurse, die obligatorisch waren. Ich war fast jeden Abend mental so erschöpft, dass ich keinen Platz für Kreativität, Sport, Hobbys oder ähnliches hatte. Aber ohne diese essenziellen Copingmethoden ging es mir noch schlechter. Jeden Tag kam ich nach Hause mit dem Gefühl, unglücklich zu sein. Ich habe die Leute, die ich liebe, meine Familie und Freunde nicht mehr angerufen, ihre Geburtstage vergessen und war emotional nicht mehr zugänglich. Ich hatte das Gefühl, nicht mehr zu wissen, wo oben und unten ist, vorne und hinten. In welche Richtung ich gehen wollte, wer ich bin und wer ich sein wollte. Kurz, ich hatte komplett das Gefühl für mich selbst verloren.

Ich bin sehr dankbar für die wundervollen Menschen in meinem Leben, die mir aus diesem Loch herausgeholfen haben. Die mir gezeigt haben, wo vorne und oben ist und wie ich dort hingelangen kann. Das ist mein Reminder an alle: Man braucht Pausen, wenn man nicht mehr kann. Unsere Gesundheit und unser Glück gehen immer vor, sind immer wichtiger! Die Menschen, die mein Leben erfüllen und schöner machen, sind immer meine Zeit und Aufmerksamkeit wert, denn ohne sie ist mein Leben leer. Fast immer ist es eine schlechte Idee, sich zurückzuziehen, denn soziale Interaktion kann einen so viel glücklicher machen.

Aber auch das ist ein Reminder: Identitätskrisen sind völlig normal. Meine Mutter hat mir in meiner Down-Phase einen Artikel geschickt, der hieß: 6 signs you may have an identity crisis + what to do next“. Nach Aki Rosenberg ist eine Identitätskrise eine normale Entwicklungsphase, die von größeren Lebensveränderungen getriggert werden kann. Aber schon allein im Alter zwischen 12 und 26 Jahren zu sein, kann zu einer Identitätskrise führen. Gelistete Trigger waren zum Beispiel: von zu Hause ausziehen, eine wichtige Beziehung beginnen oder aufhören … Fast alles traf auf mich zu. Und das gab mir das Gefühl, dass es vielleicht ganz normal ist, was ich fühle. Diese seltsame Zwischenphase ist auch als Quarterlife Crisis bekannt.

Ich habe gelernt, dass die einzige Person, die mir im Weg steht, ich selbst bin. Dass meine eigenen Selbstzweifel mich belasten und traurig machen, aber auch meine zwischenmenschlichen Beziehungen beeinflussen und zwar auf eine Weise, die vielleicht nicht alle verzeihen können. Ich weiß jetzt, dass meine mentale Gesundheit immer vorgeht und dass ich dieses Leben glücklich führen möchte. Dafür werde ich an mir selbst arbeiten müssen. Ich weiß nicht, was genau mich in meiner Vergangenheit so unsicher gemacht hat, aber ich bin jetzt älter. Zu oft habe ich mir das scheinbar Unmögliche bewiesen und trotzdem nicht an mich geglaubt. Damit muss Schluss sein. Das ist mein großer Vorsatz für dieses Jahr. Keine Selbstsabotage mehr. I can do hard things!