Rubrik:
orientieren
22.02.2019
Autor:
Max
Rubrik:
orientieren
22.02.2019
Neulich war Shivaratri, ein hinduistischer Feiertag zu Ehren der Gottheit Shivas. Zigtausende, wenn nicht Millionen Menschen strömten zum Pashupati, der wichtigsten hinduistischen Tempelanlage der Welt, mitten in Kathmandu. Unter ihnen viele Inder, die extra für diesen Anlass den weiten Weg auf sich genommen hatten.
Weil meine Hilfsorganisation Shanti in der Tempelanlage jedes Jahr ein kostenloses Health-Camp für alle Besucher betreibt, mussten wir um 6 Uhr morgens vor Ort sein. Wir bauten Tische, Bänke und Stühle unter einer Plane auf. Außerdem lagerten wir Medikamente und mehr als 500 Liter Wasser, das wir an die Besucher verteilen sollten. Zu Beginn war wenig los. Der größte Trubel fand sowieso im Zentrum der Tempelanlage statt. Ich fühlte mich krank, deshalb haute ich mich im unweiten Shanti-Center noch mal für eine Stunde aufs Ohr. Danach ging es mir ein bisschen besser, aber die leichten Kopfschmerzen und die Appetitlosigkeit waren immer noch nicht weg.
Am Nachmittag füllte sich die Tempelanlage und viele Besucher freuten sich über unser Wasserangebot. Von den Sadus, den Hindu-Priestern, die vor dem Betreten des Tempels nichts essen und trinken dürfen, kamen hingegen nur wenige vorbei. Ein Junge in meinem Alter erreichte mit pumpendem Herz unseren Stand. Man konnte seinen Herzschlag sogar durch sein T-Shirt sehen. Vermutlich stand er unter Drogeneinfluss. Unser Arzt machte allerdings gerade Mittagspause und uns Helfern war es verboten, Menschen medizinisch zu behandeln. Auch diejenigen, die bereits ein Pflegepraktikum oder eine medizinische Ausbildung absolviert hatten, durften nicht einmal seinen Puls messen. Bis der Arzt kam, hatte sich der Herzschlag des Jungen zum Glück wieder etwas beruhigt. Trotzdem wurde er vorsorglich ins Krankenhaus gebracht.
Um 16 Uhr war das Wasser leer und wir bauten ab. Als ich zuhause ankam, legte ich mich ins Bett und bekam prompt Fieber. Nachts übergab ich mich auch noch. Ich musste weg. Weg von dem Lärm, dem Dreck, den Menschen, raus aus der Stadt, die mich krank gemacht hat. Ich konnte es kaum erwarten, aus Kathmandu zu flüchten und wieder saubere Luft zu atmen.
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