Rubrik:
orientieren
15.09.2022
Autor:
Melissa
Rubrik:
orientieren
15.09.2022
Seit ein paar Tagen bin ich zurück in Deutschland. Es fühlt sich an, als wäre ich nie weg gewesen, alles ist so wie immer, nur ich bin es nicht mehr. Mir fallen hier Dinge auf, die ich vorher nie so gesehen habe. Besonders das Verhalten der Menschen ist anders. Mir fällt auf, wie schlecht gelaunt, gestresst und irgendwie unzufrieden die Menschen hier sind. Die Menschen, die auf der Straße lächeln und schlendern, anstatt von einem Termin zum nächsten zu rennen, sind rar.
Mich hat es traurig gemacht, so viele scheinbar unglückliche und gestresste Menschen zu sehen. Gleichzeitig habe ich mich aber auch gefragt, warum das so ist. Was ist hier so anders als in Costa Rica? Wir haben hier alles, was wir zum Leben brauchen. Die meisten von uns leben im Überfluss. Mir ist bewusst, dass es auch in Deutschland genug Menschen gibt, auf die das nicht zutrifft, würde aber trotzdem sagen, dass unser Lebensstandard hier recht hoch ist.
Deshalb kann ich einfach nicht verstehen, wieso so viele Menschen so unglücklich aussehen. Sind wir zu sehr an den Luxus gewöhnt? Werden wir von all unseren Sachen erdrückt? Sind wir es so gewohnt, immer alles zu bekommen, sodass das Beste nicht genug ist? Dass wir immer mehr wollen? Wenn ich eines gelernt habe, ist es, dass dieses „mehr“ mich nicht glücklich macht. Ich kann nicht alles schaffen, nicht alles perfekt machen, nicht alles haben.
Außerdem habe ich das Gefühl, dass sich viele Menschen, mich eingeschlossen, über viele Kleinigkeiten ärgern, als wäre es der Weltuntergang. Das Warten im Wartezimmer dauert länger? Klar, das ist ärgerlich und ganz sicher keine schöne Situation, aber eben auch keine Katastrophe.
Damit möchte ich nicht sagen, dass ich nie schlechte Laune habe. Jeder hat mal einen schlechten Tag und das ist auch okay. Doch oft überdeckt der Ärger all das Schöne im Leben, was einfach schade ist. Und um noch mal zurück auf die Wartezimmersituation zu kommen: Anstatt mich zu ärgern, könnte ich die Zeit, die ich dann eben habe, nutzen, um etwas zu lesen, mich zu unterhalten oder einfach, um ein paar Leute zu beobachten. Denn genau solche Pausen tun oft auch gut.
Ich selbst habe mir vorgenommen, das Pura Vida etwas mehr in mein Leben mitzunehmen. Pura Vida steht für das pure Leben und ist das Lebensmotto in Costa Rica. Entspannter zu sein und mich mehr zu freuen. Denn ich vermisse den lockeren Lebenstil, die Unordnung, die nicht perfekten Umstände, die Wildheit Costa Ricas. Und ich möchte sie in meinem Herzen bewahren. Und das geht nur, wenn ich vor lauter Stress und Ärger nicht das Leben vergesse.
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