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Was tun nach dem Abi?: „Ich weiß, dass ich nichts weiß"

Schatten von Bloggerin Melissa.

Autor:
Melissa

Rubrik:
orientieren

22.09.2022

Vor etwa einem Jahr hatte ich die Chance, an der Deutschen Schülerakademie (DSA) teilzunehmen, einem Förderungsprogramm, bei dem man jeden Sommer Kurse zu verschiedenen Themen belegen kann.

Eine Woche lang haben wir dort coronabedingt online zusammengesessen und über die Ideen des dänischen Philosophen Kierkegaard, über Gott und die Welt philosophiert. Rund ein Jahr später, haben wir uns endlich getroffen und uns ganz real kennengelernt. Dafür hat uns Christine, unsere Kursleiterin, zu sich nach Hause nach Bonn eingeladen.

Abends saßen wir dann nach einem wunderschönen gemeinsamen Tag zusammen mit Christine und ihrem Mann auf der Terrasse. Die beiden im Doppelpack sind echt ein Erlebnis. Sie ist Philosophie- und Deutschlehrerin und liest in ihrer Freizeit gern Bücher über philosophische und gesellschaftliche Themen und er ist Geschichtslehrer mit Vorliebe für Eisenbahnen. Beide lieben es, Geschichten zu erzählen und Dinge zu erklären. Dementsprechend war die ganze abendliche Unterhaltung ein Dialog der beiden über die Weltgeschichte, griechische Mythologie, Krieg und den Sinn des Lebens. Annika, die ich bei der DSA kennengelernt habe, und ich saßen nur da, hörten zu und dachten über das Gesagte nach. Es ist oft schon eine große Herausforderung gewesen, den beiden zu folgen und es ist mir schlicht nicht möglich gewesen, etwas zur Diskussion beizutragen.

Dafür finde ich es unfassbar faszinierend, Christines Geschichten zu lauschen und von ihrer Erfahrung und ihrem Wissensschatz zu lernen. Jedes Mal, wenn ich ihr zuhöre, merke ich, wie oberflächlich ich selbst denke und vor allem, wie wenig ich eigentlich weiß. Über die Gesellschaft, Politik und die Welt. Wenn ich so darüber nachdenke, weiß ich nichts. Ich habe kein Recht über andere oder die Gesellschaft zu urteilen, denn ich weiß nichts über sie oder ihre Perspektive. Ich bin jung und unerfahren und werde wohl Zeit meines Lebens nur einen ganz kleinen Teil der Welt verstehen. Denn nicht einmal mich selbst verstehe ich, geschweige denn die Komplexität der Welt.

Das ist meines Erachtens eine sehr wichtige persönliche Erkenntnis, die sehr stark an Sokrates „Ich weiß, dass ich nichts weiß" erinnert. Und wenn ich mir zumindest dessen bewusst bin, habe ich vielleicht die Chance, die Welt ganz anders zu betrachten. Zu sehen, dass ich klein und unbedeutend bin gegenüber dem Universum. Zuzuhören, zu beobachten und zu lernen, anstatt belanglose Dinge und Halbwissen in die Welt rauszuschreien. Mir bewusst zu sein, dass ich stets alles aus meiner Perspektive sehe und deshalb wohl nie die Wahrheit, sofern es diese überhaupt gibt, erkennen werde.

Dieses Wochenende hat mir wieder bewusst gemacht, wie viel es noch zu lernen und zu entdecken gibt. Denn auch wenn ich am Ende meines Lebens vermutlich immer noch nicht sonderlich viel weiß, so kann ich doch ein paar Dinge lernen und mit einem offenen Herzen und Geist in die Welt schauen.