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Zwischen Bachelor und Master: Lesung an der polnischen Grenze

Foto von abi>> Blogger Ferdinand

Autor:
Ferdinand

Rubrik:
studium

11.04.2019

„Cas leti“, sagt man in Tschechien, die Zeit fliegt. Die ersten Wochen meines Praktikums in der Programmabteilung des Prager Goethe-Instituts sind nun auch schon wieder Geschichte.
In der fünften Woche meines Praktikums erwartete mich eine besondere Aufgabe: Im Kloster Broumov, unweit der polnischen Grenze, betreibt das Goethe-Institut eine deutsch-tschechische Literaturresidenz. Autoren, Übersetzer und Illustratoren bekommen hier die Möglichkeit, einen Monat in einer ruhigen Umgebung zu verbringen und so neue Inspiration für ihre Arbeit zu gewinnen. Im Rahmen der Residenz findet stets auch eine Lesung statt, in deren Rahmen die Literaten ihre Arbeiten dem Broumover Publikum vorstellen. Da jedoch zeitgleich eine Veranstaltung in Prag stattfand, wurde ich nun also auf den Weg gen Niemandsland geschickt, um die Lesung mit den aktuellen Residenten, einer deutschen Autorin und einer tschechischen Übersetzerin, zu moderieren – und freilich ließ ich mich überaus gern auf dieses Abenteuer ein.
Mit gut vorbereiteten Notizen, aber auch einer gehörigen Portion Aufregung im Gepäck, kam ich in Broumov an. Das kleine Städtchen zog mich sofort in seinen Bann: Die Zeiten, in denen hier der Großteil der Bevölkerung deutschsprachig und Broumov ein Boom-Town der Textilindustrie war, sind längst vorbei. Die Schaufenster sind leer, die Staubschicht dick, die Namensschilder der Läden hängen schief an den Fassaden. Anders das Kloster, in dem sich auch die Künstlerresidenz befindet und in dem auch ich die Nacht verbringen durfte: Der Zustand der Anlage ist beeindruckend und die Millionen an Kronen, die hier hinein geflossen sein müssen, sind deutlich sichtbar.
Die Lesung fand schließlich in der Städtischen Bibliothek statt. Auch wenn nur zehn Zuhörer gekommen waren kannte mein Lampenfieber keine Grenzen. Nun sollte ich hier also eine Lesung moderieren – auf Tschechisch! Am Ende lief aber doch alles wie geplant: Mit den Literaten war schnell eine Wellenlänge gefunden; das Publikum war interessiert. Spätestens als die deutsche Schriftstellerin ihren Text über die Natur rings um Broumov las, ging es mir nicht anders als den beiden Residentinnen: Eigentlich wollte ich von hier gar nicht mehr weg.