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Bachelor live: Ausgelaugt

Ein Porträt-Foto von Enne

Autor:
Enne

Rubrik:
studium

03.05.2021

Ich kann nicht wirklich sagen, dass mich die aktuelle Situation im Lockdown entschleunigt oder entlastet hat. Rede ich mit meinen Kommilitoninnen darüber, geht es vielen von ihnen ähnlich. Zeit habe ich in den letzten Monaten nur auf den ersten Blick gespart. Der fehlende Anfahrtsweg zur Uni war für mich zum Beispiel nur teilweise eine Erleichterung. Eher versuchte ich, die 20 Minuten, die mir dadurch mehr zur Verfügung standen, noch effektiver zu füllen. Ich dachte mir oft: Wenn ich ja jetzt so gut wie alles am Computer in meinem Zimmer machen kann, kann ich auch entspannt mehr Aufgaben und Kurse in einer Woche schaffen! Aber Pustekuchen. Ich hatte dabei nicht bedacht, wie ermüdend es ist, bis zu zwölf Stunden am Tag vor einem Bildschirm zu sitzen. Auch an Bewegung fehlte es mir schnell, ich war unausgelastet, viel schneller gestresst und von Rückenschmerzen geplagt. Dazu kam natürlich auch, dass man sich zum Ausgleich nicht einfach mal mit Freundinnen treffen konnte. Die zufälligen, neuen Begegnungen auf dem Campus blieben ebenfalls aus. Das Leben schien auf einer Seite vorbeizurasen und auf der anderen Seite stillzustehen. Ich erwischte mich immer mehr beim Prokrastinieren, ich machte am Laptop nicht mehr das, was ich mir eigentlich vorgenommen hatte. Ich verschwendete immer öfter Zeit bei den sozialen Medien. Ich verlor den Spaß an meinen Aufgaben und hatte Tage, an denen ich einfach auf nichts Lust hatte. Dann muss ich mich selber daran erinnern, was ich brauche, um diese besonderen Umstände gerade gut zu meistern. Ich brauche dafür Spaziergänge in der Natur, gute Musik, gesundes Essen, ausführliche Gespräche, genügend Schlaf und ganz viel Verständnis mir und meinen Bedürfnissen gegenüber. Ich versuchte mir vor allem Pausen zu gönnen. Denn selbst, wenn es so scheint, als wäre jetzt der perfekte Zeitpunkt, um noch drei andere Sprachen und ein Instrument zu lernen, befinden wir alle uns immer noch in einer Ausnahmesituation. Und nur, weil ich theoretisch alles machen kann, heißt das nicht, dass mir dieser Druck gut tut. Lieber finde ich wieder den Spaß und die Gelassenheit an meinen wichtigsten Aufgaben, besinne mich auf das Wesentliche und übe mich in Dankbarkeit.