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Außer Storys nichts gewesen

Ein Porträt-Foto von Noah

Autor:
Noah

Rubrik:
studium

29.03.2024

In einem meiner letzten Blogartikel berichtete ich von meiner Zugfahrt nach London. Da internationale Zugreisen in Bezug auf die Ticketbuchung immer noch ein furchtbares Chaos darstellen und oft viel zu teuer sind, entschied ich mich für den Kauf eines Interrail-Passes. Dieser ermöglicht spontane Reisen und deckelt zumindest die Kosten nach oben hin etwas. Natürlich war die Fahrt immer noch deutlich teurer als jeder Billigflug, aber nachdem ich einmal hin- und zurückgefahren war, hatte ich noch zwei weitere Fahrten auf meinem Ticket frei. Diese wollte ich natürlich nicht verfallen lassen und entschied mich daher für einen kleinen Drei-Tages-Trip an die ligurische Küste, an den Ort meiner Kindheitsurlaube. Ich kam ohne größere Zwischenfälle an und genoss drei Tage lang Sonnenschein am Meer, holte mir seit Jahren mal wieder einen Sonnenbrand, der auch wirklich schmerzhaft war. Soweit, so gut – doch der eigentliche Grund, warum ich euch diese Geschichte erzählen möchte, liegt in der abenteuerlichen Rückreise.

Während ich am Strand fettige Focaccias genoss und mein Handy bewusst im Hotel zurückgelassen hatte, passierte etwas, das meine Heimreise erheblich erschweren sollte: Ein Zug entgleiste im neugebauten Gotthardtunnel, wodurch dieser für die nächsten Monate unpassierbar wurde. Für alle, die sich nicht so tief mit dem Thema Züge auskennen: Das ist wirklich schlecht. Der Tunnel dient als Hauptverbindung zwischen dem Norden und dem Süden Europas, und durch seinen Ausfall würde sich die Reisezeit um mindestens zwei Stunden verlängern. Ich wollte jedoch eigentlich am Abend noch ein Konzert besuchen, weshalb ich meinen Wecker noch früher stellte, um den ersten Zug aus Ligurien in Richtung Mailand zu erwischen.

Alles verlief nach Plan, und im zweiten Zug meiner Reise schien es kurz so, als könnte ich es wirklich pünktlich zum Konzert schaffen. Doch dann verabschiedete sich die Oberleitung in den Streik, sodass wir, zwar im klimatisierten Intercity, aber dennoch an einem italienischen Provinzbahnhof, 90 Minuten festsaßen. Schon zu Beginn der Reise hatte ich das Gefühl, dass diese Ereignisse dokumentationswürdig wären, also begann ich, die zum Scheitern verurteilte Reise auf meinem Social-Media-Account so witzig wie möglich darzustellen. Und ich hatte viel Material: Nachdem die Oberleitung wieder in Gang gebracht wurde, erwartete mich die nächste Überraschung – die Strecke in Richtung Schweiz war auf unbestimmte Zeit gesperrt, und somit fiel auch die Ersatzstrecke über den Berg vorerst aus. Bei einem Espresso (meinem dritten innerhalb einer Stunde) und mit Blick auf den Mailänder Zentralbahnhof hielt ich eine interne Lagebesprechung ab und entschied mich, nicht auf eine Lösung zu warten, sondern stattdessen einmal um die Schweiz herumzufahren. Von Mailand ging es nach Domodossola, von dort aus nach Brig in der Schweiz, weiter nach Zürich und schließlich in den letzten Zug nach Hause.

Nach 13 Stunden, sechs verschiedenen Zügen und nahezu unendlich viel Koffein kam ich endlich an – natürlich alles ironisch auf Instagram kommentiert. Und wisst ihr was? Trotz aller Widrigkeiten hatte ich einen wirklich unterhaltsamen Tag und würde die Strecke wieder mit dem Zug nehmen, natürlich in der Hoffnung, dass keine Züge mehr entgleisen. Sollte ich das nächste Mal jedoch nicht den direkten Weg nehmen können, gibt es zumindest für die Daheimgebliebenen etwas zu lachen.