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Selbstmitgefühl und Arbeitszufriedenheit

Anna

Autor:
Anna

Rubrik:
studium

20.07.2023

Juhu, ich bin mit den Auswertungen für meine Studie zu Selbstmitgefühl fertig!
In meinem letzten Blogpost hatte ich schon darüber berichtet, dass meine Bachelorarbeit sich mit „Selbstmitgefühl“ (einer freundlichen und mitfühlenden Haltung zu sich selbst) befasst und ich dazu eine Umfrage mit 33 Zweierteams aus Arbeitskolleg:innen durchgeführt habe. Nachdem es im letzten Beitrag vor allem um meine Fragestellungen ging, kann ich heute die Ergebnisse präsentieren:

  • Die Fremdeinschätzung über das Selbstmitgefühl der Arbeitskollegin oder des Arbeitskollegen fiel meist anders aus als deren oder dessen Selbsteinschätzung. Wie mitfühlend eine Person mit sich selbst ist, scheint aus der Perspektive von Arbeitskolleg:innen also schwer einschätzbar zu sein.
  • Deshalb gingen die Studienteilnehmenden bei der Einschätzung des Selbstmitgefühls ihrer Kollegin oder ihres Kollegen vermutlich von sich selbst aus: Meine Ergebnisse zeigen, dass die meisten Personen das Selbstmitgefühl ihrer Kollegin oder ihres Kollegen ähnlich einschätzten wie ihr eigenes. Das nennt man auch „angenommene Ähnlichkeit“ oder „Projektion“.
  • Dabei gibt es außerdem eine systematische Tendenz, das Selbstmitgefühl der Kollegin oder des Kollegen etwas positiver einzuschätzen als das eigene. Im Allgemeinen denkt man also, dass andere freundlicher zu sich selbst sind als sie es tatsächlich sind. Wahrscheinlich liegt das daran, dass Selbstmitgefühl schwer beobachtbar ist – schließlich kann man nicht in die Person „hineinschauen“, um herauszufinden, ob sie sich zum Beispiel gerade Selbstvorwürfe macht.
  • Selbstmitfühlende Personen waren durchschnittlich zufriedener mit ihrer Arbeit und mit ihrem Leben als weniger selbstmitfühlende Personen. Das finde ich persönlich besonders spannend – um herauszufinden, wie dieser Effekt zustandekommt, ist allerdings noch weitere Forschung notwendig.

Insgesamt deuten meine Ergebnisse also darauf hin, dass Selbstmitgefühl aus der Perspektive von Kolleg:innen nicht zutreffend einschätzbar ist, aber gleichzeitig mit Arbeits- und Lebenszufriedenheit zusammenhängt. Diese Erkenntnis dürfte auch für Vorgesetzte interessant sein: Da Selbstmitgefühl von außen schwer sichtbar ist und eher überschätzt wird, könnte es sich lohnen, einen selbstmitfühlenden Umgang im Arbeitsleben zu trainieren – und so zu üben, achtsam zu sich selbst zu sein und Fehler als menschlich anzusehen. Langfristig wäre dadurch möglicherweise sogar eine Verbesserung von Arbeitszufriedenheit und Arbeitsengagement möglich.