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Unter HR-Nasen

Ein Porträt-Foto von Noah

Autor:
Noah

Rubrik:
studium

04.10.2023

Als „HR-Nase“, wie ich mich gern tituliere, sollte ich eigentlich wissen, was ein herausragendes Anschreiben ausmacht. Und tatsächlich, langsam glaube ich, die Antwort gefunden zu haben. Kurz und bündig lautet sie: Langweile nicht, sei knapp und authentisch. Doch direkt im Anschluss rückt ein weiterer Gedanke in den Vordergrund: Es ist auch ein Quäntchen Glück dabei und, mal ehrlich, der Stellenwert von Anschreiben nimmt ab.

Nach meiner Zeit im Einzelhandel suchte ich nach Werkstudentenpositionen in Personalabteilungen. Trotz meiner Erfahrung stellte es sich jedes Mal als Herausforderung dar, ein frisches und individuelles Anschreiben zu verfassen. Wie bei einem gut gewürzten Essay beginne ich jeden Brief mit einem unkonventionellen Einstieg – sei es ein Zitat, eine markante Feststellung oder gar ein kreativ abgewandelter Werbespruch des Unternehmens. Mag sein, dass meine Freund:innen meine Anschreiben mit einem Schmunzeln lesen, doch sie haben ihren Charme. Von den drei Unternehmen, die ich anvisiert hatte, luden mich zwei zu einem Bewerbungsgespräch ein.

Dann, nach dem erfolgreichen Anschreiben, der nächste Knackpunkt: Outfit, Auftreten, Fragen – wie stelle ich das bloß an? Eine Patentlösung gibt es auch nicht wirklich. Aber ich spüre, dass auch hier Authentizität zählt. Klar, Sympathie und Fachwissen sind mindestens genauso wichtig. Bevor das hier aber zu einer belehrenden Anleitung wird, möchte ich lieber meine eigenen Erfahrungen teilen. Während mein erstes Vor-Ort-Interview eine neue Erfahrung für mich war, wurde das zweite Gespräch virtuell abgehalten. In beiden Fällen „saßen“ mehrere Personen vor mir, einschließlich Mitglieder direkt aus der Fachabteilung. In der coolen HR-Geheimsprache bezeichnet man diese Art von Gesprächen als „Peer-Recruiting“. Ich hatte mir schon einige Antworten auf Standardfragen wie „Stell dich doch einfach mal vor“ zurechtgelegt und war auch mit Hintergrundinformationen über die jeweilige Firma ausgestattet. Diese Grundlagen sollten natürlich sitzen.

In beiden Gesprächen ließ ich auch meinen Humor nicht zu Hause – allerdings wurde es dabei einmal brenzlig. Als ich gefragt wurde, wie meine Freunde mich beschreiben würden, kamen mir zunächst zwei normale und angemessene Antworten in den Sinn. Bei der dritten Beschreibung jedoch, wagte ich einen kreativen Ausdruck und sagte: „Vielleicht Ego-Problem, ich hoffe aber nicht“. In diesem Moment setzte mein Gehirn wohl kurz aus. Zum Glück kam mein Humor gut an, aber ich habe gelernt, dass ich damit vorsichtiger umgehen sollte.

Schlussendlich erhielt ich nach zwei Gesprächen eine Zusage, und so war ich überglücklich, dass ich in meinem angestrebten Berufsfeld während des Studiums weitere Erfahrungen sammeln konnte. Aber nach dem Anschreiben und dem Bewerbungsgespräch kam natürlich eine dritte Hürde auf mich zu – der erste Arbeitstag. Aber darüber werde ich ein anderes Mal mehr erzählen.