Rubrik:
studium
28.09.2024
Autor:
Noah
Rubrik:
studium
28.09.2024
Meine Freund*innen sagen mir einige Dinge nach: Ich habe den Wettbewerb um den Titel „der Witzigste“ in unserer Freundesgruppe gewonnen, ich gebe zu viel Geld aus, und ich bin eine kleine Prinzessin auf der Erbse. Zumindest beim letzten Punkt kann ich nicht ganz widersprechen. Ich bevorzuge Hotels gegenüber Hostels, die erste Klasse im ICE und vierlagiges Toilettenpapier. Kein Wunder also, dass ich mich trotz meiner Liebe zu Konzerten noch nie auf ein Festival gewagt habe. Der Gedanke, drei Tage in einem engen, stickigen Zelt voller Insekten zu schlafen, Dixi-Klos zu nutzen und lauwarme Getränke aus der Dose zu trinken, hat mich bisher erfolgreich abgeschreckt. Doch im Frühling trat mein alter Freund, der Gruppenzwang, wieder in Aktion, und ich wurde überredet, am Modular-Festival teilzunehmen.
Dieses jährliche Event in Augsburg, organisiert von ehemaligen Studierenden, bringt große Acts ins alte Gaswerk. Alle meine Kommiliton*innen hatten längst Tickets, und schließlich gab ich nach und kaufte mir ein günstiges Drei-Tage-Ticket. Ehrlich gesagt ließ ich mich nur überreden, weil das Modular kein klassisches Festival ist – am Ende des Abends kann man bequem in sein WG-Zimmer zurückkehren, mit Bett, Küche und warmem Wasser.
Trotzdem haben wir das Festival wie ein klassisches Festival angegangen – mit einem zünftigen Frühstück und gemeinsamen „Herrichten“ und Glitzer auftragen, bevor wir uns mit der Straßenbahn zur Mainstage aufmachten. Für das passende Festival-Feeling sorgte dann der Wettergott, indem er uns Regen bescherte – aber wir waren mit schicken Regenponchos gut vorbereitet. Nach viel Musik, gemeinsamen Singen und Posieren für Fotos verging der erste Festivaltag wie im Flug, und ich war sehr dankbar für die Dusche danach und das kuschelige Bett. Tag zwei begann ähnlich wie der erste, nur, dass diesmal die Sonne schien. Heute stand mein Lieblingsact des gesamten Festivals auf dem Programm – 01099. Sie waren als letztes an diesem Tag eingeplant. Was nicht eingeplant war, war das Aufziehen dunkler Gewitterwolken ab 20 Uhr. Quasi mit dem ersten Ton der Band aus Dresden begann es zu regnen und in der Ferne zu donnern, als stünde uns eine Neuauflage eines biblischen Klassikers bevor. Mein Regenponcho, den ich am Vortag mit Liebe zusammengefaltet hatte, lag übrigens zu Hause, weil ich der vorinstallierten Wetter-App auf meinem Handy vertraut hatte.
Fest davon überzeugt, dass wir gleich alle evakuiert werden, ließ ich den Regen einfach auf mich niederprasseln und war nach kurzer Zeit völlig durchnässt. Zu meiner Überraschung wurde das Konzert jedoch durchgezogen, und ich blieb mit den anderen hartgesottenen, nun völlig dem Regen ausgelieferten Fans dort und genoss die Show. Doch als Gustav, einer der Sänger von 01099, die letzten Worte der Verabschiedung sprach, machte ich direkt kehrt und wollte am liebsten sofort nach Hause, um trockene Kleidung anzuziehen. Ich hielt einfach das nächste Taxi an, weil ich wusste, dass es mich nicht allzu teuer zu meiner Dusche und meinem Kleiderschrank bringen würde – denn so ganz geht die Diva in mir eben doch nicht verloren.
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