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Ein Porträt von Blogger Noah

Autor:
Noah

Rubrik:
studium

14.05.2025

Es sollte keine Überraschung sein, dass ich ganz gerne meine Gedanken und Erlebnisse in geschriebene Form bringe. Schließlich besteht dieser Blog inzwischen seit fast sieben Jahren, und ich erzähle hier alles – von semiguten Hausarbeiten über Interviews am roten Teppich mit ehemaligen Tennisstars bis hin zu unzähligen Konzertreisen mit dem Zug ins Ausland. Nun mag bei mir ein gewisses Talent fürs Schreiben vorhanden sein und es macht mir auch wirklich Spaß – aber die Freude verfliegt sofort, wenn es ums Antworten bei WhatsApp und anderen Plattformen geht. Besonders anstrengend finde ich das Texten, wenn es um Belanglosigkeiten wie „Wie geht's dir gerade?“ geht – wahrscheinlich gut, außer ich bin gerade wieder in Sorge, dass heute der Tag ist, an dem sich meine ungesunde Ernährung rächt und ich plötzlich Diabetes bekomme. Oder es kommen die Fragen, ob ich jetzt schon Freunde, eine Wohnung oder den Heiligen Gral in Bratislava – der Destination meines zweiten Erasmussemesters – gefunden habe.

Damit ich solche Gespräche möglichst effizient umgehen kann, kam ich auf eine Idee: Ich führte den Bratislava-Broadcast ein. Die Broadcast-Funktion ermöglicht das gleichzeitige Versenden einer Nachricht an mehrere Empfänger, ohne dass diese voneinander wissen oder miteinander interagieren können. Schon seit knapp drei Jahren betreibe ich den semi-erfolgreichen Bordbistro-Review-Broadcast, in dem ich die aktuellen Gerichte aus den verschiedensten Bordrestaurants europäischer Eisenbahnverkehrsgesellschaften bewerte. Immerhin 40 Leser tun sich meine geistigen Ergüsse über überteuertes Essen in der Bahn regelmäßig an – wobei ich persönlich ja finde, dass es nichts Relevanteres gibt als das.

Trotzdem interessierten sich meine Freunde und Familie wohl doch ein bisschen mehr dafür, was ich in Bratislava erlebe. Und so hatte ich bald 50 Menschen in meinem neuen Broadcast, die nun mindestens zweimal im Monat mein selbsttherapeutisches Tagebuch auf ihre Endgeräte erhielten. Die Themen lagen irgendwo im Bermuda-Dreieck aus Erasmus-Formalitäten, kulinarischen Grenzerfahrungen, Ikea-Ästhetik in Wohnungen und einer unfreiwilligen Soziologiestudie über toxische, mittelmäßige Männlichkeit.

Die Rückmeldungen waren durchweg positiv – die Mischung aus Selbstironie, Reisebericht und alltäglichem Wahnsinn kam gut an, und das hat mich wirklich gefreut. Regelmäßig sprengte ich die Fünf-Seiten-Marke, weil es einfach so viel Witziges und Wichtiges zu erzählen gab. Ob wirklich alle 50 bis zum Ende gelesen haben? Ich weiß es nicht – aber mich erstaunt bis heute, wie viele es tatsächlich getan haben. Vielleicht ist der Bratislava-Broadcast am Ende auch nur meine Art gewesen, mich selbst zu beruhigen, dass alles schon seinen Weg geht – aber solange dabei jemand schmunzelt, hat es sich für mich gelohnt.