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Master live: Quarantäne Tag 14

Foto von abi>> Blogger Ferdinand

Autor:
Ferdinand

Rubrik:
studium

03.06.2020

„Quarantäne“. Welch ein eigenartiges Wort das doch ist. Kommt wohl aus dem Lateinischen. Was damit gemeint ist, ist klar, nur bei der Aussprache herrschen Differenzen: Spricht man das „qua“ am Anfang nun als „ka“ oder als „kwa“ aus?
Diese und viele weitere Fragen gehen mir durch den Kopf, als ich in Halle in den ICE nach Wien steige. Sechseinhalb Stunden würde die Fahrt dauern. Dazwischen eine Staatsgrenze. Was würde passieren? Würde man mich registrieren, um die mir bevorstehenden 14 Tage Hausarrest kontrollieren zu können?
In Passau leert sich der Zug zum letzten Mal auf deutschem Boden. Zwei österreichische Polizisten steigen ein und kontrollieren die wenigen Mitreisenden. Und dann: Österreich. Abstrus, finde ich. Diese Grenze sorgt nun dafür, dass ich zwei Wochen das Haus nicht verlassen darf. Mit einem mulmigen Gefühl steige ich am Hauptbahnhof aus dem ICE aus und in die U-Bahn ein. Wie würden die nächsten zwei Wochen wohl verlaufen?
Schließlich verliefen sie unspektakulär und zum Glück auch schneller als gedacht. Ich spürte, wie Tag für Tag meine Muskeln einrosteten, da ich mich nur auf engstem Raum bewegte. Immer wenn es an der Tür klingelte, sprang ich auf, in der Annahme, ich werde kontrolliert – aber dann war es doch nur wieder der Postbote.
Die meiste Zeit saß ich am Rechner, mit den Vorbereitungen für eine bevorstehende Prüfung beschäftigt. Dann kam endlich der letzte Tag. Ich konnte es kaum fassen und das Glück, wieder auf meinem Rennrad zu sein, kannte keine Grenzen. Ein wenig war mir, als würde ein verloren gegangenes Körperteil wieder anwachsen, als ich meine Straße hinunterbrettere, gerade noch über die gelbe Ampel rüber, und schließlich glückserfüllt vor Übermut einige Runden um den Stephansdom drehe. Die neu gewonnene Freiheit, ganz anders weiß ich sie nun schätzen. Quarantäne, das habe ich nun auch mal erlebt – ganz egal, wie man sie ausspricht.