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Medizin studieren: Ausziehen

Ein Porträt-Foto von Maril

Autor:
Maril

Rubrik:
studium

15.10.2020

Der erste prägende Schritt Richtung Erwachsenwerden, war für mich der Auszug aus dem Elternhaus – ob ich nun in ein Zimmer im Studentenwohnheim ziehe oder in eine eigene, kleine Wohnung, ist dabei erst einmal zweitrangig. Es ist ein großes Stück Eigenverantwortung und Unabhängigkeit, das man damit gewinnt. Das fängt schon bei der Einrichtung an. Außerdem redet einem niemand beim Putzen, Kochen oder Einkaufen, hinein. Wenn ich von Unabhängigkeit rede, ist diese natürlich für mich als Studentin finanziell eingeschränkt. Hier sind viele Studierende dann doch noch auf die Eltern angewiesen. Selbst mit einem Nebenjob oder BAföG, das wie bei vielen nicht dem Höchstsatz entspricht, kann es ohne die Unterstützung der Eltern sehr schnell eng werden. Meine Eltern wollten immer, dass ich meine Zeit als Studentin genießen und alle möglichen Angebote am Hochschulstandort nutzen kann: Hochschulsport, der günstig, aber nicht kostenlos ist, Kino, Theater, Konzerte, Museen. Sie wollten, dass ich Zeit für Freunde habe und mich auch noch anderweitig engagieren kann, zum Beispiel im Chor, in einer Band oder bei der Uni-Zeitung. Um mir diesen Luxus ermöglichen zu können, finanzieren sie meiner Schwester und mir das Studium – und dafür bin ich ihnen mehr als dankbar.
Als ich meinen letzten Umzugskarton in das Auto hievte und noch einmal mein Zimmer betrachtete, kam es mir auf einmal so leer vor. Dabei waren alle relevanten Möbelstücke noch da: Bett, Schrank, Schreibtisch, meine Stehlampe, mein Bücherregal. Es war nicht wirklich unwohnlich, doch ich merkte, dass etwas fehlte, sogar sehr viel fehlte. Mein Zuhause bleibt mein Zuhause, aber es hindert mich auch nicht daran, meine neue, kleine Wohnung im Studentenwohnheim, die ich mit einer Freundin aus der Schulzeit teile, als mein zweites, kleines Zuhause wertzuschätzen.
Der Umzug war der Zeitpunkt, an dem mir bewusst wurde, dass ich mit meinem Studium einen neuen Lebensabschnitt beginne. Ich verlasse mein heimatliches Nest, breite die Flügel aus und werde flügge – diese fürchterliche Metapher trifft genau auf mich zu. Ich mochte diese Redewendung eigentlich nie so wirklich, da sie so oft in schlechten Abi-Reden verwendet wird oder Freunden meiner Eltern nichts Besseres einfällt. Aber nun ist es eben so und ich genieße es.