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Es wird gedient

Ein Porträt-Foto von Maril

Autor:
Maril

Rubrik:
studium

17.11.2023

So wird das Wort Famulatur aus dem Lateinischen übersetzt. Eigentlich ist es nur ein fancy Wort für Praktikum. Im vorklinischen Abschnitt des Medizinstudiums müssen die Studierenden das sogenannte Pflegepraktikum absolvieren. Drei Monate lang, verteilt über die vorlesungsfreie Zeit der ersten vier Semester, müssen sie als Anhängsel der Pflege arbeiten. Nach dem Bestehen des ersten Staatsexamens, dem Physikum, folgt der zweite Praktikumskomplex: die besagten Famulaturen. Diesmal sind es vier Monate, die in der vorlesungsfreien Zeit innerhalb des 7. bis 10. Semesters abgeleistet werden müssen. Nun können die Studierenden als Anhängsel der Ärzt*innen arbeiten … mehr oder weniger.

Denn natürlich haben die Studis nach dem ersten Staatsexamen immer noch keine wirkliche Ahnung vom klinischen Alltag. Woher sollten sie diese Erfahrungen auch haben? Im vorklinischen Abschnitt des Studiums geht es um theoretische Grundlagen in den Naturwissenschaften und Anatomie. Das klein bisschen Klinik und die wenigen praktischen Übungen lassen nur erahnen, was der klinische Abschnitt des Studiums noch alles bereithält. Die ersten Famulaturen über ist man dementsprechend meistens keine große Hilfe. Ich fand es deswegen sehr hilfreich, meine erste Famulatur in einer Hausarztpraxis zu machen. Es ist vorgegeben, einen Monat in einer Hausarztpraxis, einen Monat im Krankenhaus oder einer stationären Reha-Einrichtung und einen Monat in einer ambulanten Praxis zu verbringen. Für den vierten Monat darf man sich seine Station frei auswählen. Für mich hatte die hausärztliche Famulatur den Vorteil, dass ich viel lernen konnte, ohne allzu sehr im Weg herumzustehen. Ich konnte z.B. üben, Blut abzunehmen oder EKGs zu schreiben und so dem Praxisteam ein paar Tätigkeiten abnehmen, die sonst die angestellten Krankenschwestern hätten übernehmen müssen. Ich durfte bei Ultraschalluntersuchungen zuschauen oder diese teilweise selbst übernehmen, Anamnesegespräche und körperliche Untersuchungen durchführen, wurde auf Hausbesuche und in die Alten- und Pflegeheime mitgenommen, die diese Praxis ebenfalls betreut.

Dadurch erhielt ich sehr vielfältige und spannende Einblicke in den hausärztlichen Alltag und auch das Leistungsspektrum, welches Hausärzt*innen in ländlichen Regionen abdecken (müssen). Schlussendlich bestärkte diese Famulatur nur meinen Wunsch, später meine Facharztausbildung in der Allgemeinmedizin zu machen und anschließend als Hausärztin auf dem Land zu arbeiten. Nun, andererseits muss ich wohl erst einmal abwarten, was ich nach den nächsten Famulaturen darüber denke. Vielleicht werde ich von jedem anderen Fachgebiet auch schwärmen, in welchem ich eine Famulatur ableiste, da ich begierig auf jede weitere Praxiserfahrung warte. Leider kommt es natürlich auch sehr auf das Team an, mit welchem man arbeitet. Maulige Mentor*innen oder unfreundliche Ansprechpartner*innen können einem noch jedes Praktikum und damit jedes Fachgebiet vermiesen.

Es ist keine Seltenheit, dass Studis von abgebrochenen Horror-Famulaturen berichten. Manchmal wird viel zu viel verlangt und gnadenlos gescholten, wenn man Erwünschtes nicht leisten kann. Vor allem im stressigen Krankenhausalltag kann das häufiger vorkommen. Mit meiner hausärztlichen Famulatur habe ich da meinen ersten großen Glücksgriff gehabt: ein unfassbar freundliches und geduldiges Team, was mich überall mit hingenommen und all meine Fragen beantwortet hat. So konnte ich viel lernen. Für alle weiteren Praktika muss ich mir wohl noch ein dickeres Fell zulegen. Oder weiterhin auf mein Glück setzen. Es gibt schließlich auch freundliche gestresste Menschen.