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Medizin studieren: Meine erste richtige Vorlesung

Ein Porträt-Foto von Maril

Autor:
Maril

Rubrik:
studium

13.04.2022

Irgendwie ist es traurig, dass ich diese Überschrift erst im vierten Semester meines Studiums schreiben kann. Nun, endlich, habe ich einen Hörsaal von innen gesehen – und es war nicht Tag der offenen Hochschultür. In den vergangenen drei Semestern wurden meine Vorlesungen immer nur als Podcast zur Verfügung gestellt. Es gab keinen Live-Stream, der Einfachheit halber. Das hatte auch ohne Frage seine Vorteile. Ich konnte mehrere Vorlesungen am Stück anhören, wann und wo ich wollte. Ich konnte sie auf doppelter Geschwindigkeit anhören, Teile überspringen oder zurückspulen. Das brachte viel Flexibilität mit sich, aber in meinem Fall leider auch mangelnde Motivation.

Allein vor meinem Laptop konnte ich mich nicht immer dazu durchringen, genau zuzuhören. Ich war nur am Handy, machte mir zwischendrin einen Tee und ließ mich auch sonst leicht ablenken. Das kann zwar in einer Vorlesung in Präsenz ähnlich sein, doch es ist eine andere Atmosphäre. Dort eingequetscht zwischen den unbequemen Holzsitzreihen, umgeben von anderen mehr oder weniger aufmerksamen Student*innen und dem Blick des Professors ausgesetzt, fiel es mir leichter mich zu konzentrieren. Vielleicht liegt es auch einfach daran, dass es so aufregend und neu für mich ist, in einem Hörsaal zu sitzen und einer Vorlesung zu lauschen – auch wenn meine Immatrikulationsbescheinigung etwas Anderes vermuten lässt.

Vermutlich waren im vierten Semester Humanmedizin die Vorlesungen noch nie so gut besucht. Das meinte zumindest unser Biochemie-Dozent, der sich auch ein wohlwollendes Grinsen nicht verkneifen konnte, als wir zur ersten Vorlesung des Semesters (und unseres Studiums) die Sektflaschen herausholten. Die Reihen des Hörsaals lichteten sich im Verlauf der Tage jedoch schnell wieder, als die erste Euphorie verflogen war. Das Hybrid-Format erlaubt es uns die Vorlesung auch ganz entspannt vom Bett aus anzusehen oder als Podcast (der allerdings erst verzögert zur Verfügung gestellt wird) noch einmal nachzuhören. Es ist demnach nicht allzu verwunderlich, dass dieses Angebot voll ausgeschöpft wird. Gerade für Student*innen in Quarantäne ist diese Lösung natürlich auch sehr sinnvoll.

Ich werde allerdings weiterhin zu Vorlesung gehen, also wirklich in den Hörsaal. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen bin ich viel aufmerksamer und nehme mehr aus der Vorlesung mit. Zum anderen hilft es mir, eine feste Routine zu haben, die mich zwingt spätestens um sieben aufzustehen – denn um acht geht’s los. Doch ich gebe mich da keiner Illusion hin. Auch ich werde nicht jede Vorlesung besuchen, denn eins habe ich im Verlauf meines Studiums bereits gelernt: Das Schwänzen einer Vorlesung ist nicht wie das Schwänzen einer Unterrichtsstunde zu Schulzeiten.