Rubrik:
orientieren
19.05.2020
Autor:
Maril
Rubrik:
orientieren
19.05.2020
Ich liebe es zu lesen. Das ist für mich wie eine kleine Auszeit, die ich mir nehme, um meine Gedanken zu sammeln, mich zu beruhigen und zu entspannen. Wenn ich ein Buch oder auch nur ein Kapitel beendet habe und den Band zuklappe, dann fühle ich mich, als wäre ich aus einer Trance erwacht – aber auf eine gute Art. Ich gebe natürlich zu, dass mich nicht jedes Buch so fesseln kann. Manche sind langweilig, andere einfach nur schlecht geschrieben und im schlimmsten Fall sind sie beides.
In letzter Zeit finde ich leider nicht mehr die Zeit viel zu lesen. Gerade zum derzeitigen Zeitpunkt erscheint das etwas merkwürdig, denn gerade jetzt haben die meisten Leute doch Zeit und Langeweile im Überfluss. Ich könnte es darauf schieben, dass ich inmitten der Prüfungsvorbereitung stecke keine interessanten Bücher zur Verfügung habe. Letzteres ist zugegebenermaßen ein vollkommenes Nonsens-Argument. In unserem Haus findet man immer ein interessantes Buch.
Auch wenn Lesen definitiv meine Lieblingsbeschäftigung ist, ist es doch auch zeitaufwendig. Einen 600-Seiten-Wälzer liest man nicht mal so eben schnell vor dem Schlafengehen. Aus diesem Grund gibt es neben meinem Bett meine „Zu-Bett-geh-Lektüre“: Lyrik. Mit einem Gedichtband laufe ich nicht Gefahr, bis um zwei Uhr zu lesen, weil die Geschichte gerade so spannend ist – das ist mir früher leider viel zu oft passiert. Wenn ich ein Gedicht gelesen habe, dann sitze ich häufig eine Weile da und denke über die Verse nach. Sie können mich genau wie Romane, Dramen, Kurzgeschichten, Novellen und was es sonst noch an literarischen Gattungen gibt, jederzeit zum Lachen und zum Weinen bringen, mich zum Nachdenken anregen und mir Neues zeigen. Das ist die Magie, die für mich von Literatur ausgeht und für die ich all die Autoren, die so etwas erschaffen können, bewundere. Insbesondere die Lyrik hat mich immer ganz besonders fasziniert, da sind mit so wenigen Worten so viele Emotionen ausdrücken können. Zur Lyrik fällt mir immer das Wort „Schönheit“ ein. Im Deutschunterricht haben wir lyrische Meisterwerke auseinandergenommen und zerstückelt, um sie besser zu verstehen. In unserem Wahn, alles in irgendein Schema einordnen zu wollen, ist leider viel zu oft der Blick für das Gedicht als Ganzes verloren gegangen. Wir haben viel zu selten über seine Wirkung und seine Präsenz als Ganzes, als Kunstwerk nachgedacht. Ein Gedicht ist wie ein Mosaik. Wenn man zuerst all die kleinen Teile einzeln betrachtet, wird man nicht das schillernde Gesamtkunstwerk sehen und würdigen können. Doch genau das versuche ich nun bei meiner abendlichen Lektüre zu erreichen.
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