Rubrik:
orientieren
24.04.2019
Autor:
Max
Rubrik:
orientieren
24.04.2019
Die meisten Freiwilligen bei der Hilfsorganisation Shanti kommen aus Deutschland, allerdings gibt es auch ein paar Nepalesen, die bei der Leprahilfe so etwas wie ein Sozialpraktikum machen. Dementsprechend wohnen sie auch nicht in unserem Wohnheim. Bis jetzt hatte ich mit ihnen nicht viel zu tun – bis Deepak kam. Für meine Arbeit war er eine Bereicherung, weil er wie kein anderer zwischen mir und den Nepalesen vermitteln kann. Aber auch menschlich ist Deepak ein total korrekter Typ mit einer differenzierten Meinung. Er ist einer der ersten Nepalesen in meinem Alter, der mir nicht zurückhaltend, sondern ganz offen auf Augenhöhe gegenübertritt.
In letzter Zeit habe ich Einiges mit ihm unternommen. Er hat einen Motorroller, sodass wir bei vielen Gelegenheiten durch die Stadt zwischen Bussen und Taxen entlangdüsten, was auch als Mitfahrer ziemlich cool war. Gestern Abend hatte einer seiner Freunde Geburtstag und Deepak lud mich ein, mit ihnen im kleinen Kreis zu feiern. Gegen 19 Uhr kam ich bei Deepak zuhause an. Er wohnt zusammen mit einer sehr musikalischen Familie. Zu fünft setzten wir uns in ein Zimmer, spielten Gitarre, sangen und stießen mit Rakshi, einem nepalesischen Schnaps, auf das Geburtstagskind an.
Nach einer Stunde wollten wir aufbrechen und essen gehen, doch das Ganze zog sich in die Länge, weil sich das Geburtstagskind nicht entscheiden konnte, wohin es gehen sollte. Eine Viertelstunde dauerte es, bis wir letztendlich doch aufbrachen. In diesen 15 Minuten erkundigten sich Deepaks Freunde ständig, ob bei mir alles gut wäre und ich mich nicht langweilte. Die kurze Wartezeit war eigentlich gar kein Problem für mich. Viel unangenehmer war mir die Fragerei. Nur weil ich aus Deutschland komme, konzentrierte sich die ganze Aufmerksamkeit auf mich, obwohl an diesem Abend jemand anderes im Mittelpunkt hätte stehen sollen – etwas, dass mir in Nepal immer wieder aufgefallen ist. Man gilt als etwas Besonderes und das finde ich ziemlich nervig. . Nach der ganzen Zeit, die ich schon hier bin, möchte ich das nicht mehr.
Schließlich treiben wir um 21 Uhr noch das gefühlt letzte offene Lokal auf – in Nepal schließen die Restaurants schon sehr früh, egal ob man sich auf dem Land oder im Touristenviertel befindet. Immerhin konzentrierte sich nun jeder auf sein Essen, anstatt auf meine Laune. Das unangenehme Gefühl, im Mittelpunkt zu stehen, wurde ich aber den restlichen Abend nicht los.
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